blauMachen(K)college!
Den ganzen Tag im Schlafanzug auf der Couch, zum Luft schnappen mit Sonnenbrille getarnt höchstens die 3 Schritte zum Kiosk, um eine Tüte salzige Kohlehydrate zu besorgen – und das alles ohne krank zu sein? Das geflügelte Wort blau machen hat heute für die meisten diese Bedeutung. Einfach nicht hingehen und sich der Pflicht entziehen – blau machen scheint der Gegenentwurf von Arbeit und wird meist heimlich und mit einem schlechten Gewissen belastet praktiziert. Das war ursprünglich anders.
Der Begriff blau machen stammt aus der mittelalterlichen Färberzunft und stand mit der harten Arbeit der Färber:innen in direktem Zusammenhang. Der blaue Montag war der Tag nach dem aufwendigen sonntäglichen Färbebad. Hier mussten die zuerst gelblichen Textilien an der Luft trocknen, um durch Oxidation ihre blaue Farbigkeit zu entwickeln. Die Werktätigen entspannten sich in der Wartezeit – sie machten Blau. Die Trockenphase war Teil des Arbeitsprozesses und gleichzeitig die natürliche Pause für die hart schuftenden Arbeiter:innen. Ein Zurücktreten von der Arbeit, gleichzeitig das Ergebnis zu betrachten und einzuschätzen, und die Freude darüber mit den Anderen zu teilen. Fast ein festlicher Akt!
Die Idee zu blauMachen.college ist aus ähnlicher Stimmung entstanden. Die Werkstatt ohne festen Raum arbeitet hauptsächlich in den Pausen.
Unsere Wohnungen und unsere Möbel hat sich jemand anderes für uns ausgedacht.
Wenn wir auf die Welt kommen, ist sie bereits da. Wir werden in die Architektur hineingeboren. Von anderen gestaltete Räume umgeben uns und wir fühlen uns mehr oder weniger wohl in ihnen. Erst einmal wachsen wir an den Möbelbeinen der elterlichen Einrichtung nach oben – bis wir den Überblick haben?
Ist uns klar, wie stark die Räume unserer Kindheit unser Leben bestimmen? Wie groß ist unser Bewusstsein über die Wirkung von Räumen? Wann beginnen wir diese Räume zu hinterfragen, oder uns zu mit ihnen zu arrangieren? Ist die Gestaltung des eigenen Lebensraums nur etwas für Eigenheimbesitzer oder geht das auch mit ALG II?
Von Finnland lernen: BAUKULTURELLE BILDUNG
Wir sind ungeübt unsere eigenen Bedürfnisse an Wohnraum zu erkennen oder Ansprüche an unseren Lebensraum zu formulieren. Das ist weniger eine Frage des Geldes als eine Frage der Bildung. 1998 haben die Finnen der Bildungs- und Architekturpolitik eine neue Note gegeben. Seit ein paar Jahren ist diese Idee auch in Deutschland angekommen. Alleine die Möglichkeit gestaltend ein Teil von Veränderung zu sein und ist für viele von uns noch immer nicht präsent.